Christel, 85

Immer wenn ich die Milchkanne ertaste, werden Erinnerungen an mein Leben wach.

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Christel, 85

Immer wenn ich die Milchkanne ertaste, werden Erinnerungen an mein Leben wach.

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Die Milchkanne ist ein Gegenstand, der mir sehr viel bedeutet und mich mein ganzes bisheriges Leben begleitet hat.

Es fing damit an, dass mein Vater in den 20er Jahren des vorherigen Jahrhunderts ein Milchgeschäft in Solingen-Gräfrath eröffnete. In meiner Kindheit habe ich schon zwischen Milchkannen gespielt, und seit meiner frühen Jugend habe ich im Geschäft meiner Eltern mit den Kannen gearbeitet.

Früh morgens um 4 Uhr wurde mit den Kannen in der Molkerei Milch geholt und an die Kunden ausgeliefert. Im Geschäft habe ich aus den Kannen heraus die lose Milch mit einem Maß abgemessen und an die Kunden abverkauft.

In den 50er Jahren habe ich das Geschäft mit meinem Mann übernommen und ausgebaut. Zu Hause habe ich ein großes Exemplar in meiner Diele stehen. Dort dient sie mir als Schirm- und Stockständer. Inzwischen bin ich blind und kann „meine“ Kanne nicht mehr sehen.

Aber immer, wenn ich sie ertaste, werden liebe Erinnerungen an mein langes Leben wach- an meine Kindheit, mein Elternhaus, meinen Mann und mein schweres, aber oft auch schönes Berufsleben.